Nachdem im Jahr 2022 die Vergabekriterien bei Immobilienkrediten drastisch verschärft wurden, wird jetzt eine erneute Lockerung per 1. April angestrebt. Die Empfehlung dafür kam vom Finanzmarktstabilitätsgremium (FMG). Die Finanzmarktaufsicht (FMA) sieht die Notwendigkeit aufgrund eines deutlichen Rückgangs bei der Kreditnachfrage.
Gleiches gilt im übrigen auch bei unseren deutschen Nachbarn, obwohl es dort keine der KIM-VO vergleichbar Maßnahme gab (Hinter dem Kürzel verbirgt sich das Wortungetüm “Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung”, etwas für Scrabble-Freunde). In erster Linie wurden sowohl in Österreich als auch in Deutschland die steigenden Zinsen in Verbindung mit der hohen Inflationsrate als Ursache definiert. Hierzulande kam zusätzlich noch die KIM-VO dazu.
Ein kurzer Blick auf die KIM-VO
Werfen wir noch einmal einen kurzen Blick auf die Auflagen, die potenziellen Immobilienerwerbern oder Bauherren seit dem vergangenen Jahr für Immobilienkredite in Österreich gemacht wurden:
- Die monatliche Ratenhöhe darf 40 Prozent des frei verfügbaren Haushaltseinkommens nicht übersteigen.
- Der Eigenkapitalanteil muss mindestens 20 Prozent betragen.
- Das Darlehen darf nicht länger als 35 Jahre laufen.
Kritik aus Politik und Wirtschaft
Die Banken hatten schon länger eine Aufhebung dieser Regularien gefordert, nachvollziehbar, wenn keine Kredite mehr nachgefragt werden. Rückendeckung erhielten die Vertreter der Kreditinstituten von zahlreichen Landespolitikern, welche die Ansicht vertreten, der Weg zur Immobilie muss gerade für junge Familien geebnet, nicht verwehrt werden.
“Der Standard” zitiert Finanzminister Brunner mit den Worten “Die Kreditvergabe sollte flexibler, einfacher und näher an den Bedürfnissen der Menschen gestaltet werden können, bei gleichzeitiger Wahrung der Finanzmarktstabilität” .
Auch wenn die geplanten Lockerungen Banken und Teilen der Politik nicht weitgehend genug sind, erhoffen sich die Akteure ein Wiederbeleben der Wohnkredite in Österreich. Immerhin war sogar eine Abwanderung österreichischer Kreditnehmer nach Deutschland für die Kreditaufnahme zu verzeichnen.
Der Gründer der Kreditvergleichs- und Vermittlungsplattform Infina, Christoph Kirchmair, gab an, dass von den im Jahr 2022 vermittelten 1,6 Milliarden Euro Kreditvolumen rund zehn Prozent an deutsche Banken gingen.
Die folgende Grafik veranschaulicht den Einbruch bei der Immobilienkreditvergabe in Österreich mit Verschärfung der Vergaberichtlinien:
Welche Neuerungen und Lockerungen sieht die Finanzmarktnovelle für Immobilienkredite in Österreich vor?
Bei den Kritikern von KIM-VO herrscht Einigkeit, dass die ab April geltenden Lockerungen für Wohnkredite in Österreich nicht der große Wurf sind.Im Fokus der Lockerungen stehen die Geringfügigkeitsgrenze, Zwischenfinanzierung und Vor- und Zwischenfinanzierungen von Gebietskörperschaften.
Die Geringfügigkeitsgrenze
Die Geringfügigkeitsgrenze bezeichnet den Finanzierungsbetrag, bis zu dessen Höhe die Regelungen für Baufinanzierungen in Österreich hinfällig sind. Bis zum 1. August 2022 betrug die Geringfügigkeitsgrenze 40.000 Euro. Mit Umsetzung der KIM-VO wurde sie auf 50.000 Euro heraufgesetzt.
Ab 1. April 2023 beträgt die Geringfügigkeitsgrenze zwar immer noch 50.000 Euro, jetzt aber pro Ehepartner oder Teil einer Lebensgemeinschaft und nicht mehr pro Haushalt. Damit läuft die Geringfügigkeitsgrenze ab 1. April 2023 für Paare bei 100.000 Euro aus.
Zwischenfinanzierung
Die einschneidendste Änderung bei der österreichischen Immobilienkreditvergabe dürfte es bei Zwischenfinanzierungen geben. Ausgangslage ist, dass Kreditnehmer, die bereits Eigentümer einer Immobilien sind, eine neue Immobilie Eigennutzung kaufen oder bauen wollen.
- Die Regelung für die Zwischenfinanzierung ist auf die Dauer von zwei Jahren ab Zeitpunkt der Auszahlung ausgelegt. Das bestehende Objekt wird mit maximal 80 Prozent berücksichtigt.
- Bestandteil des Kreditvertrages für die Zwischenfinanzierung ist die Vereinbarung, dass die Zwischenfinanzierung durch den Verkaufserlös der aktuellen Immobilie abgelöst wird.
- Handelt es sich um ein selbst bewohntes Objekt, ist keine Besicherung der Zwischenfinanzierung im Grundbuch notwendig. Die Kreditsumme selbst darf nur 90 Prozent der eingetragenen Hypothek ausmachen.
Leistungen von Gebietskörperschaften
Die dritte Lockerung bezieht sich auf nicht rückzahlbare Darlehen oder Investitionszuschüsse von Gebietskörperschaften im Zusammenhang mit der Behandlung als Eigenkapital.
Dabei muss es sich auf jeden Fall um Barleistungen handeln, da Sachleistungen, sehr zum Ärger von Niederösterreich, nicht als Eigenkapital anerkannt werden. Hier sieht die Niederösterreichische Landesregierung absoluten Handlungsbedarf, da Darlehensteile, welche durch Garantien oder Bürgschaften des Bundeslandes besichert sind, quasi Eigenkapitalcharakter haben.
Banken fordern komplettes Aussetzen von KIM-VO
Der österreichische Bankenverband hält nach wie vor an seiner Meinung fest, die Verordnung wieder komplett abzuschaffen. Die Banker verweisen in diesem Zusammenhang auch auf die Regulierung durch den Markt. Im Vorfeld schon schwache Bonitäten würden aufgrund der gestiegenen Zinsen automatisch als Zielgruppe für einen Wohnkredit in Österreich ausgesondert. Den anderen potenziellen Käufern oder Erwerben mit entsprechender Bonität müssen man nicht künstlich Steine in den Weg legen.