Stand Sommer 2023 verlieren die eigentlich recht günstigen variablen Zinsen für Baufinanzierungen drastisch an Attraktivität. Notieren sie üblicherweise günstiger als fixe Zinsen, waren sie im August teurer als der Fixzins für einen Hauskredit. Ursache ist die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB), die mit massiven Zinsanpassungen der geradezu explodierten Inflation in der Eurozone entgegenwirken muss. Betrachten wir die Auswirkungen für Kreditnehmer einmal genauer.
Aktuelle Angebote vergleichen & unverbindlich beraten lassen
Immobilienkredit & Baufinanzierung Vergleich im November 2024 in Österreich
Wie haben sich variable Zinsen und Fixzins entwickelt?
Die österreichische Nationalbank (OeNB) liefert in ihren Statistiken natürlich auch Informationen zur Entwicklung der Zinsen.
Die folgende Übersicht zeigt, wie sich die fixen Zinsen in den letzten Jahren entwickelt haben:
2020 | 2021 | 2022 | Jän.23 | Feb.23 | Mär.23 | Apr.23 | Mai.23 | Jun.23 | |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
für Wohnbau | |||||||||
insgesamt | in % p. a. | ||||||||
mit anfänglicher Zinsbindung | |||||||||
bis 1 Jahr | 1,11 | 0,97 | 1,55 | 3,46 | 3,63 | 3,78 | 4,06 | 4,2 | 4,26 |
1 bis 5 Jahre | 1,34 | 1,29 | 2,04 | 3,36 | 3,51 | 3,69 | 3,96 | 4,14 | 4,03 |
5 bis 10 Jahre | 1,54 | 1,37 | 2,07 | 3,19 | 3,51 | 3,42 | 3,78 | 3,79 | 3,79 |
über 10 Jahre | 1,49 | 1,35 | 2,07 | 2,96 | 3,22 | 3,34 | 3,3 | 3,39 | 3,43 |
Quelle: OeNB
Für Kreditnehmer, die im Jahr 2020 eine Baufinanzierung mit einem Fixzins über zehn Jahre abgeschlossen haben, ändert sich nichts, sie können noch einige Jahre entspannt bleiben. Wer sich heute für einen fixen Zins für eine zehnjährige Laufzeit entscheidet, muss schon deutlich tiefer in die Tasche greifen, immerhin lag der durchschnittliche Fixzins für diese Laufzeit im Juni 2023 bei 3,43 Prozent.
Deutlich “krasser” fiel die Steigerung bei Zinsen an, die für maximal ein Jahr fix oder variabel waren, respektive sind. Sie haben sich im Betrachtungszeitraum von 1,11 Prozent auf 4,26 Prozent fast vervierfacht.
Für ein Baudarlehen mit einem Volumen von 200.000 Euro und einer jährlichen Tilgung in Höhe von zwei Prozent bedeutet dies eine Teuerung von 201,3 Prozent. In absoluten Zahlen stieg die Belastung von 518,33 Euro monatlich auf 1.043,33 Euro im Monat.
Es stellt sich die Frage, wie Kreditnehmer, die mit einer Belastung von “rund 500 bis 600 Euro monatlich”, Schwankungen gibt es ja immer, diesen Kostenanstieg verkraftet haben.
Fixe Zinsen haben Festzins überrundet
Die Zahlen der OeNB zeigen noch ein anderes, seltenes, Ereignis. Üblicherweise notieren die variablen Zinsen aufgrund des geringeren Zinsrisikos seitens der Banken immer unter dem Fixzins. Vereinbart die Bank einen Fixzins von drei Prozent und die Geldpolitik der EZB führt zu einem Zinssatz für Baugeld von vier Prozent, entgeht der Bank hypothetisch ein Prozent, wenn sie die Gelder heute hätte ausleihen können.
Dass die variablen Zinsen im Sommer 2023 den Fixzins um 0,83 Prozent übersteigen, hätte vor drei Jahren auch noch niemand zu prognostizieren gewagt.
Sofortige Fixzinsvereinbarung schützt vor weiteren bösen Überraschungen
Laut der Aussage der EZB sei die Kerninflation in der Eurozone bereits wieder rückläufig. Dennoch sorgen der Rohstoffmangel und der Krieg in Osteuropa dafür, dass die Verbraucherpreise nicht auf breiter Front einbrechen. Alleine die Kosten für Strom, Öl und Gas sorgen dafür, dass Europa noch weit von der früheren Null-Prozent-Inflation entfernt ist. Daher ist auch nicht mit einem baldigen Rückgang der Leitzinsen zu rechnen. Folglich bleiben auch die Kreditzinsen weiter vergleichsweise hoch. Dazu kommt, dass die Vergangenheit immer wieder gezeigt hat, dass sich die Finanzwirtschaft mit Zinssenkungen im Kreditbereich schwerer tut, als mit Zinserhöhungen oder mit Zinssenkungen im Einlagengeschäft.
Für Kreditnehmer, die ihre Baufinanzierung auf sichere Füße stellen wollen und weitere böse Zinsüberraschungen vermeiden möchten, bleibt folglich nur der Wechsel in einen Vertrag mit Festzins.
Stellen wir einmal die variable Verzinsung dem Fixzins auf der Grundlage der Zahlen der OeNB gegenüber:
variabler Zinssatz | fixer Zinssatz | |
---|---|---|
Darlehenssumme | 200.000 Euro | 200.000 Euro |
Zinssatz in Prozent | 4,26 | 3,43 |
anfängliche Tilgung in Prozent | 2 | 2 |
monatlicher Aufwand | 1.043,33 | 905 |
Die Einsparung ist jetzt nicht so dramatisch, wie der Anstieg der variablen Zinsen in der Zeit von 2020 bis Juni 2023, aber zumindest bietet sie eine kleine Entspannung und für die nächsten zehn Jahre Sicherheit.
Auswirkungen der Zinsentwicklung auf den Kreditbestand
Basierend auf den Daten der OeNB lohnt sich auch ein Blick auf den Kreditbestand und damit auf die Kreditnachfrage in den letzten Jahren. Sie stieg von 117 Milliarden Euro im Jänner 2020 kontinuierlich auf 135,4 Milliarden im September 2022. Ab Oktober begann dann eine sinkende Nachfrage und damit auch ein sinkender Bestand. Die Zahlen sanken von 135 Milliarden Euro auf 133,2 Milliarden Euro im Juni 2023. Steigende Zinsen und gestiegene Baukosten haben den Investitions- und Kaufwillen zahlreicher Österreicher blockiert.
Fazit
Der in Österreich durchaus beliebte variable Zinssatz bei Baufinanzierungen hat vor dem Hintergrund der Zinspolitik der EZB deutlich an Glanz verloren. Da eine solide Prognose für die weitere Zinsentwicklung definitiv nicht möglich ist, sollten Darlehensnehmer auf jeden Fall auf Fixzinskredite setzen und sich damit mögliche schlaflose Nächte ersparen.